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(M)eine beispielhafte Urverletzung - Die Illusion erwachsen zu sein

Sylvia Reifegerste

Sylvia
Reifegerste

Die Illusion erwachsen zu sein

Erwachsen - und doch gefangen im Kindverhalten

Kapitel: 11

(M)eine beispielhafte Urverletzung

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Die Illusion erwachsen zu sein

Erwachsen - und doch gefangen im Kindverhalten
Die Urverletzung und ihre Folgen
von Sylvia Reifegerste


Kapitel 11:
(M)eine beispielhafte Urverletzung


Liebe Leserin, lieber Leser.

Um nicht nur in der Theorie zu bleiben, möchte ich Ihnen einen kleinen Einblick in meine Urverletzung geben und davon berichten wie stark die Urverletzung mein Leben im Griff hatte und mich bestimmte:

Ich war ein Wunschkind und meine Eltern haben sich sehr auf mich gefreut. Meine Eltern hatten bereits ein Mädchen und wünschten sich sehnlichst einen Jungen. Ich wurde im Jahr 1954 geboren, wo es noch keine Möglichkeiten gab, das Geschlecht vor der Geburt herauszufinden. Meine Mutter war sicher, dass in ihrem Bauch ein kleiner Junge heranwuchs, denn alles war anders als bei ihrer ersten Schwangerschaft. Der Jungenname für mich stand schon fest und mein Vater kaufte bereits Jungensachen. Er freute sich auf die "männliche" Unterstützung.

Und dann kam ich auf die Welt als ein kleines Mädchen im Sternzeichen Löwe geboren. Meine Eltern freuten sich sehr über ihr zweites Mädchen und waren froh, dass ich gesund und munter war. All das weiß ich aus den Erzählungen meiner Eltern. In einer Rückführung habe ich später jedoch erlebt, dass meine Eltern tief drinnen auch enttäuscht waren, dass ich ein Mädchen war. Vor allem meine Mutter hatte sich sehnlichst einen Jungen gewünscht. Sie vertrat den Standpunkt, dass es Jungen im Leben leichter haben als Mädchen. Für sie waren Frauen "zweite Klasse", die nichts zu sagen haben und sich an den Ehemann anzupassen hatten.

Meine Urverletzung bestand darin, eine Enttäuschung für meine Eltern zu sein, weil ich kein Junge war.

Deshalb habe ich mir von Anfang an vorgenommen, in die Rolle eines Jungen zu schlüpfen. Als Löwegeborene fiel es mir sehr leicht eine Rolle zu spielen und so nahm das Schicksal seinen weiteren Lauf. Sie können sich sicherlich vorstellen, wohin das führte: In meiner Kindheit spielte ich lieber mit Jungen und Autos. Alles was Jungen interessierte war meins.

Meine Kindheit war übrigens wunderschön.
Meine Eltern haben für uns Kinder vieles gemacht, sie spielten mit uns, nahmen sich Zeit, sodass wir eine glückliche Kindheit hatten. Natürlich gab es auch Ärger im Kinderparadies, Bestrafungen und auch Ungerechtigkeiten sowie Liebesentzug oder Verhaltensweisen meiner Eltern, die ich als Kind nicht nachvollziehen konnte, dennoch überwiegte die unbeschwerte kindergerechte Zeit.

Der Umstand, dass ich ein Mädchen war, bekümmerte meine Eltern überhaupt nicht. Für sie war das Kapitel "wir wünschen uns einen Jungen" abgehakt. Sie liebten mich so wie ich war. Womit wir bei meinem Thema sind, denn ich war ja in der Rolle eines Jungen und kein typisches Mädchen. Also liebten sie ja eigentlich nicht mich. So dachte ich. Und so entstand in mir ein Mangel an Liebe, den ich aber selber durch mein eigenes Rollenspiel ins Leben gerufen hatte.

Dieser Mangel führte mich zu einem starken Anerkennungswunsch.
Als ich in die Schule kam nahm ich mir vor, meine Eltern niemals zu enttäuschen und brachte stets gute Noten mit nach Hause. Bei all diesen Dingen wirkte meine Urverletzung, sie war der eigentliche Antriebsmotor für dieses Verhalten. Unbewusst wollte ich meinen Eltern beweisen, dass es richtig war, dass ich als Mädchen auf die Erde kam und dass ich eine Bereicherung für sie und andere bin. So entwickelte ich mich zu einer guten Schülerin, die sich unterordnete, sich anpasste und die die Erwartungen ihrer Lehrer und anderen Autoritäten erfüllte. Ich gab stets immer mehr als ich nahm. Und wenn mir etwas geschenkt wurde, dann hatte ich das Gefühl, es gleich wieder "gut machen zu müssen", indem ich den anderen auch beschenkte. Dafür bekam ich Anerkennung und Beifall. Und so stand für meine Eltern und mein Umfeld fest, dass ich mein Leben meistere und alles schaffe was ich mir vornehme. Womit der Teufelskreislauf besiegelt war, denn jedes künftige "Versagen" führte unweigerlich in eine Enttäuschung.
Ansonsten war mein kindliches Umfeld völlig normal. Mein Vater arbeitete und meine Mutter war zu Hause und kümmerte sich um meine Schwester und um mich.

"Eine Frau muss DAS machen, was der Mann bestimmt."
Meine Mutter vertrat die Einstellung, dass eine Frau DAS machen "muss", was der Mann bestimmt, da er ja das Geld verdient. Dadurch war auch der Mann der Herr im Haus und konnte hauptsächlich bestimmen. Meine Mutter bekam von ihrem Mann ihr Haushaltsgeld, genauso wie meine Schwester und ich von unserem Vater das Taschengeld. Wenn es darum ging, etwas außerhalb des Haushaltes zu kaufen, war mein Vater derjenige der dies zu entscheiden hatte. Natürlich war es auch selbstverständlich, dass meinem Vater am Sonntag beim Essen das größte Stück Fleisch auf den Teller gelegt wurde. Ein Mann brauchte Kraft, denn er brachte ja das Geld nach Hause. Ich kann mich gut daran erinnern, dass ich ihn oft um dieses größere Stück beneidet habe, denn ich war als Kind ein guter Esser und liebte Fleisch.

Es gab in dieser Richtung unendlich viele andere Situationen, in denen ich erfuhr, dass ein Mann im Leben die besseren Karten hatte. Mir wurde immer wieder klar, dass es schon blöde ist, als Mädchen auf der Welt zu sein. Das prägte natürlich meine Einstellung und mein Verhalten entsprechend. Schon als Kind nahm ich mir vor, mich später niemals abhängig von einem Mann zu machen und wenn ich groß bin, selber VIEL Geld zu verdienen, damit ich über MEIN Leben selber bestimmen kann. Ich wollte niemals so abhängig sein wie meine Mutter es von meinem Vater war. Und dabei merkte ich gar nicht, dass ich unbewusst die Überzeugungen meiner Mutter in mir weiter führte.

Rückblickend kann ich sagen, dass ich bis zu meiner Pubertät eine wunderbare, erfüllte Kinderzeit hatte. Es liegt auf der Hand, dass sich das schlagartig veränderte, als ich in die Pubertät kam. Ich wollte mich körperlich nicht verändern. Nun war ich auch noch die erste in meiner Schulklasse die ihre Regel bekam und die einen BH tragen "musste". Ich erinnere mich noch daran, wie schrecklich und peinlich das für mich war. Diese Zeit erlebte ich als überaus traumatisch und ich hätte mich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen. Hierzu gab es entsprechend viele Traumata, die meine Urverletzung nährten und sie verstärkten.

Mit 12 Jahren und beginnend mit meiner Pubertät, rutschte ich in ein Diätenwahn.
und damit begann eine meiner größten Thematiken und Problematiken in meinem Leben, denn unbewusst "wollte" ich weiterhin jungenhaft aussehen, doch ich sah mich durch meine neuen Rundungen als viel zu fett an.

Die Wahrnehmungsverzerrung.
Und jetzt kommt das Kuriose: Wenn ich in den Spiegel schaute, sah ich ein fettleibiges junges Mädchen, das stark übergewichtig war. Doch dies hatte NICHTS mit der Realität zu tun, denn ich hatte eine völlig normale und schlanke Figur für mein Alter. Damit meine ich: Ich habe im Spiegel eine völlig andere Figur "gesehen", als meine tatsächliche. Ich sah im Spiegel eine fette Person, obwohl ich schlank war.

Meine Eltern versuchten mir das auszureden und bestätigten mir immer wieder, dass ich richtig bin und eine völlig normale WEIBLICHE Figur hätte. Ohne es zu wissen verstärkten sie dadurch jedoch meinen unbewussten Glauben, dass ich als Mädchen falsch bin. So probierte ich eine Diät nach der anderen aus, in der festen Überzeugung, dass ich durch Diäten alle Rundungen wieder rückgängig machen konnte.

Auch nach der Pubertät war ich niemals zufrieden mit meinem Körper und lehnte ihn ab, ich hasste ihn. Als ich mit 17 meinen Mann kennenlernte, war ich kurz davor in die Magersucht abzurutschen. Die Seite, die allerdings so gerne aß verhinderte jedoch, dass ich diesen Weg vollendete und so rutschte ich weiter in die Diätensucht. Das Ende vom Lied war ein Übergewicht von überdimensionaler Höhe mit einem dazugehörigen Minderwert. Ich kann sagen, dass zwischen meinem zwölften und fünfunddreißigsten Lebensjahr immer Diäten mein Leben bestimmt haben.

Beruflich war ich "der Verdiener" in der Partnerschaft.
Beruflich war ich recht erfolgreich und verdiente so viel Geld, dass mein Mann und ich uns schon sehr früh ein eigenes Haus kaufen und ein Leben im Wohlstand führen konnten. Damals war ich "der Verdiener", mein Mann war mehr auf dem künstlerischen Sektor tätig und legte keinen Wert auf eine berufliche Karriere. Das passte natürlich hervorragend zu meinem Muster.

Übrigens dachte ich als Erwachsene, dass ich ein völlig anderes Leben als meine Eltern führte und ich mich aus ihrem Dunstkreis gut gelöst hatte. Ich ging auch davon aus, dass alles mit mir in Ordnung war und ich ein Leben führte, dass super war. Dass ich ständig zwischen Diäten und Fressattacken hin- und herpendelte, zu viel Alkohol trank, war für mich Schicksal. Ich fühlte mich damals als ein Opfer und verstand überhaupt nicht, warum andere mehr essen konnten und doch nicht dick wurden. Dagegen brauchte ich nur ein Lebensmittel anzuschauen und hatte es auf den Hüften. Damals habe ich mich oft gefragt: "Warum gerade ich?"

Mein minderwertiges Denken kompensierte ich mit materiellen Werten.
Im Prinzip hatte ich alles. Wir konnten es uns erlauben 4-5 Mal im Jahr zu verreisen, fuhren 2 Autos und konnten uns das kaufen, was uns am Herzen lag. Es blieb jedoch eine innere Leere in mir, die ich mit nichts auffüllen konnte. Ich bekam viel Anerkennung und Lob von meinen Eltern und im Außen für meine Leistungen, aber auch das erfüllte mich nicht wirklich. Mein Leben wurde damals hauptsächlich von der Zu- und Abnahme meines Gewichtes bestimmt.

Mir war damals nicht bewusst, dass ich nur eine Rolle spielte und nicht authentisch war.
Vermutlich würde ich heute noch dieser Illusion folgen, wenn nicht mein Übergewicht in mein Leben getreten wäre. Nach diversen Hunger- und Fastenkuren streikte mein Stoffwechsel und verwandelte jeden Krumen den ich aß, in Fett. Innerhalb weniger Monate nahm ich so viel zu, das ich das doppelte auf die Waage brachte. Da ich damals sehr auf Äußerlichkeiten bedacht war und ja auch keinen enttäuschen "wollte", war das ein Umstand, den ich kaum aushalten konnte.

Es war mir zu diesem Zeitpunkt natürlich nicht klar, dass das Übergewicht mir nur zeigte, dass ich meine wahre Persönlichkeit, meine wahre Größe, mein wahres persönliches "Gewicht" nicht lebte, sondern es hinter einem falschen "Gewicht" versteckte. Es dauerte viele Jahre bis ich herausfand, dass ich meine Weiblichkeit ablehnte und ich alles tat, um keinen weiblichen Körper zu haben. Meine Dickheit war nur das andere Extrem von dem mageren Bild.

Viele Jahre war ich aufgrund meiner Verletzung in einer gebenden und helfenden Rolle. Dies alles geschah, weil ich unbewusst glaubte, dass ich mir mein Recht auf Existenz als Mädchen zu verdienen habe. Mein Glaube, dass ich keinen Menschen enttäuschen "darf", führte mich viele Jahre in den Perfektionismus, in die Kontrolle und in einen enormen Leistungszwang. Noch heute habe ich darauf zu achten, dass ich bei mir bleibe, dass ich zu mir stehe und nur das gebe, was ich wirklich geben möchte.

Heute kann ich sagen, dass mein Übergewicht mein größtes Geschenk war,
denn dadurch bin ich erst auf die Suche nach möglichen Gründen meines Übergewichts gegangen. Mein Übergewicht, mein falsches "Gewicht", war quasi der entscheidende Antriebsmotor, um mich auf die Suche nach einem Ausweg aus meinem Dilemma zu begeben.

Bei meiner Suche nach Lösungen bin ich mir dann allmählich auf die Schliche gekommen und habe mein Leben Stück für Stück buchstäblich umgekrempelt. Und bei diesem umwälzenden Prozess habe ich auch so ganz nebenbei meine Berufung in einem ganz neuen Beruf gefunden.

Das führte letztendlich dazu, dass ich Ende 1991 meine langweilige "Berufskarriere" als Versicherungsfachfrau beendete und mit meinem Mann nach Ibiza auswanderte, um dort ein völlig neues, abenteuerliches und einfaches Leben auf dem Lande mit vielen Tieren zu beginnen. Dort habe ich dann aus meinen Erfahrungen heraus eigene Bewusstseins-Methoden entwickelt und damit gearbeitet.

Ich habe (endlich) verstanden, was mir mein Übergewicht die vielen Jahre über zu sagen hatte. Obwohl ich damals immer noch übergewichtig war, nahm ich mich jetzt an wie ich bin und konnte auch zu meiner Weiblichkeit stehen.

Meine Urverletzung habe ich geheilt. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es so entspannend und erleichternd ist, keine Angst mehr davor zu haben, dass mich etwas verletzen könnte. Und der Auslöser von allem war mein Übergewicht.

Ich bin mir 100%ig sicher, dass Sie Ihr Ziel ebenfalls erreichen.

Ich denke, dass diese tiefen Einblicke in mein Leben deutlich machen, wie stark eine Urverletzung das Leben bestimmen kann.


Nochmal zurück zur Kernbotschaft:
Der enorme Einfluss der Urverletzung auf unser Leben

Im nächsten Kapitel geht es darum alles zu hinterfragen, was mit SOLL-MUSS-WILL zu tun hat, da der Ursprung aus der Kindheit stammt.


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