Erwachsen - und doch gefangen im Kindverhalten
Kapitel: 3
Erwachsen - und doch gefangen im Kindverhalten
Die Urverletzung und ihre Folgen
von Sylvia Reifegerste
Kapitel 3:
Mein Anliegen mit dieser Abhandlung ist es, die Schleier zu entfernen und die Illusionen zu lüften.
Liebe Leserin, lieber Leser.
Zunächst habe ich zwei Nachrichten für Sie. Eine gute und eine schlechte.
Fangen wir mit der schlechten Nachricht an:
Wünsche und Ziele bleiben auf der Strecke, da Sie nur bis zu einem bestimmten Punkt kommen werden, an dem es scheinbar nicht weitergeht.
Das ist unabhängig davon:
Solange Sie sich vor inneren Schmerzen bzw. erneuten Verletzungen schützen, wird ein Teil in Ihnen ungesund bleiben und nicht heilen.
Die gute Nachricht ist:
Wenn Sie das erkannt haben, gibt es einen Weg aus diesem Dilemma. Die Erlösung finden Sie in Ihrer Gefühlswelt und in dem: ERWACHSENEN SEIN!
Jetzt werden Sie sicherlich irritiert sein, denn vermutlich glauben Sie, dass Sie aufgrund Ihres Alters bereits erwachsen sind. Vielleicht haben Sie auch das Gefühl ZU erwachsen zu sein, ZU verantwortungsvoll zu sein oder ZU pflichtbewusst zu sein. Doch ich sage Ihnen:
Sie täuschen sich. Sie glauben zwar erwachsen zu sein, jedoch ist das oft eine große Illusion.
Dadurch werden Ihr Denken, Ihr Fühlen und Ihr Handeln gefärbt und negativ beeinflusst und zwar immer dann, wenn es um Dinge geht, die Sie betreffen, die Sie betroffen machen oder von denen Sie sich kritisiert und verletzt fühlen.
Ich weiß wovon ich spreche, denn ich bin selbst lange genug mit dieser Illusion herumgelaufen. Dieses Phänomen konnte ich viele Jahre in meiner eigenen Problematik und auch in meiner jahrelangen Beratungspraxis bei meinen Klienten beobachten. Unabhängig davon, wie viel wir an uns arbeiten, wie viel wir meditieren, wie viele Glaubensmuster und Verhaltensweisen wir verändert haben, ein Teil in uns reagiert ungesund, weil er noch tief verletzt ist und einfach nicht heilen "will".
Jahrelang habe ich mich auf die Suche gemacht und nach Lösungen gesucht. Dabei habe ich viele gängige Methoden angewandt, die es auf dem Markt gab, habe mich mit dem inneren verletzten Kind beschäftigt und selber verschiedene Methoden entwickelt, um diesen Teil zu heilen. Das Ergebnis war zwar vorzeigbar und brachte mir auch viele Veränderungen, jedoch blieb dieser eine Teil in mir hartnäckig und zog mich immer wieder in ein Gefühls-Chaos. Es ist fast so, als wenn dieser eine Teil einen boykottieren oder bestrafen will.
Bei meiner Suche fand ich heraus, dass es sich um einen Anteil handelt, auf den ich bewusst keinen oder nur wenig Einfluss habe.
Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich bemerkte, wie häufig ich mich noch vor negativen Gefühlen schützte, wie ich mit viel Raffinesse und Tricks versuchte, bestimmten Situationen aus dem Wege zu gehen, um schmerzhafte Erfahrungen zu vermeiden. Über meine Arbeit an meinem Selbst konnte ich bereits viele Gefühle zulassen und zeigen, jedoch war in mir ein Teil, der immer noch Angst davor hatte, erneut verletzt zu werden und der mein Verhalten "unbewusst" mitbestimmte. Mir wurde schlagartig bewusst, dass solange ich mich vor den "negativen" Gefühlen schützte und dadurch bestimmte Erfahrungen bewusst meide, ich nur halbseitig lebe und auch nur die Hälfte an guten Ereignissen in mein Leben ziehe und erfahren werde.
Ich suchte weiter und nahm Kontakt mit dem Anteil in mir auf, der so große Angst vor einer erneuten Verletzung hatte.
Dabei traf ich auf mein inneres verletztes Kind, auf mein Urtrauma oder auch meine Urverletzung. Und auf noch vieles mehr.
Aber keine Bange, es folgt jetzt keine Abhandlung über das innere verletzte Kind. Nach meiner persönlichen Erfahrung reicht allerdings die alleinige Arbeit mit dem inneren Kind für eine Heilung nicht aus. Die Vorgehensweise, die ich für mich herausgefunden habe, ist viel umfassender. Sie beinhaltet zwar die Heilung des inneren Kindes, dies ist jedoch nur ein wirkungsvoller Nebeneffekt. Viel wichtiger ist es, dass erste Urtrauma zu heilen und zum wahren "Ich" zurück zu finden.
Auf dieser Urverletzung bauen alle weiteren Traumata auf. Es ist sozusagen die Wurzel allen "Übels". Häufig ist die Urverletzung sogar karmisch bedingt. Das heißt, die Urverletzung stammt aus einer früheren Inkarnation und wird zu Beginn des aktuellen Lebens erneut aktiviert. Da es einige Menschen gibt, die nicht an frühere Leben glauben, lasse ich diesen Aspekt in dieser Abhandlung außen vor. Für die Heilung der Urverletzung ist es auch nicht von Bedeutung, woher die Urverletzung stammt. Sie zeigt sich immer sehr deutlich in der aktuellen Lebenssituation und zieht sich wie ein dicker, fetter, roter Faden durch das gesamte Leben.
Das heißt auch:
Sie können jederzeit die Urverletzung im Hier und Jetzt erkennen.
Sie brauchen dazu keine therapeutische Ausbildung und müssen auch nicht krampfhaft in Ihren kindlichen Erinnerungen herumkramen. Ich gehe später noch ausführlicher auf die Urverletzung ein. Momentan möchte ich es bei den folgenden Informationen belassen:
Die Urverletzung ist verantwortlich für die Angst vor dem verletzt werden.
Dadurch entwickeln wir bzw. unser Unterbewusstsein Schutzmechanismen, Vermeidungsstrategien und Verhaltensweisen, die meistens kindlich und nicht unserem Alter entsprechend - also ungesund für uns als Erwachsene - sind.
Sobald diese Urverletzung geheilt ist und eine Korrektur der Kindheitssichtweise stattgefunden hat, haben wir eine gute Chance, wir selbst zu sein. Das beinhaltet ebenfalls glücklich und zufrieden auf allen Ebenen zu sein. Durch diese Heilung können alle inneren Anteile gesund erwachsen werden.
Oder schon mal Vorblättern zur Kernbotschaft:
Der enorme Einfluss der Urverletzung auf unser Leben
Im nächsten Kapitel frage ich: Reagieren Sie auch wie auf "Knopfdruck", wenn man bei Ihnen den "richtigen Schalter" drückt?
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